h1

Der vermeintliche Fall des Ampelmännchen

20. März 2008

Zu freundlich sei es. Es animiere dazu, es zu ignorieren. So die einhellige Expertenmeinung kurz nach der Wende. Das Ampelmännchen mit dem teils forschen Schritt auf dem Weg zur vermeintlichen Demontierung. Denn in den Ostteilen der Stadt soll der sympathische kleine Mann durch den bundesweit genormten westdeutschen Herrn ersetzt werden. Doch es kam anders.

1996 wird der Ostberliner Bezirk Friedrichshain zum Amtssitz des neu gegründeten Komitees zur Rettung des Ampelmännchens. „Immer mehr bekannte Dinge verschwanden, wurden ausgetauscht oder gegen das Bewährte aus dem Westen ersetzt. Mit dem Ampelmännchen sollte das nicht passieren.“ Begründen das Komitee seine Aktionen. Weder Demonstrationen noch profane Unterschriftensammlungen gehören zu den Aktionen. In Form von Guerilla-Marketing machen rund 40 Künstler, Geschäftsleute und DDR-Nostalgiker auf das Ampelmännchen aufmerksam. Zwei Monate lang verkaufen sie T-Shirts, Tassen und Socken, stellen Ost-Ampeln an verkehrsirrelevanten Stellen auf. Über das Internet beteiligen sich weltweit über 2000 Surfer pro Tag an der Rettungsaktion.

Der Vater des Hutträgers

Auch Karl Peglau gehört zu diesem Komitee. Er ist Verkehrspsychologe und war es auch 32 Jahre in leitender Position beim Medizinischen Dienst des Verkehrswesens der DDR. Karl Peglau ist der Vater des Berliner Ampelmännchens. Die gedrungene Körperform und auch der einzigartige Hut sind wohlbedachte Elemente seines Männchens. „Gut gelungene Ampeln brauchen zum einen viel Leuchtfläche und zum anderen personale Merkmale, die das Fußgänger-Verhalten positiv beeinflussen. Durch den etwas molligen Körperbau und auch den Hut wurden beide Aspekte umgesetzt. Gleichzeitig floss noch Sympathie und Lustigkeit in die Gestaltung mit ein.“ So der Verkehrspsychologe. Es sind diese beiden Aspekte, die das Ampelmännchen innerhalb kürzester Zeit zur Kultfigur aufsteigen.

Kreativität erlaubt

Mit Laubsäge und Phantasie machen sich zu unbemerkter Stunde eigens ernannte Stadtverschönerer ans Werk und erweitern schon mal die Leuchtfläche durch einen Regenschirm für das Ampelmännchen. Auch als Wanderer ist er schon gesichtet worden. Und seit Ende November steht in Zwickau die offizielle Quotenfrau. Das Ampelweibchen sorge mit seinem Rock für eine noch mehr Leuchtfläche. Das bedeutet auch mehr Sicherheit für alt und jung.

Der Exportschlager

2005 wird bei der deutschen Post der erste internationale Versand des Ampelmännchens durchgeführt. Nach anfänglichen Schwierigkeiten in der Exportabfertigung und Zollabwicklung hat das Ampelmännchen nun eine eigene Sachbearbeiterin bei der Paketabfertigung. Annekathrin Jacobs ist gebürtige Ost-Berlinerin und hat mit großem persönlichen Engagement die Abteilung mit aufgebaut. Mittlerweile gibt es einen umfassenden Zolltarif-Katalog für alle Ampelmännchen-Waren. „Aktuell ist die Nachfrage aus Japan besonders groß“ weiß sie zu berichten. In vielfältigen Ausführungen ist er zu einem der beliebtesten Mitbringsel bei Touristen geworden.

Renaissance in LED

Ampelmännchen im WestenDie Vorteile der Symbolik und die große Akzeptanz des Ampelmännchens nicht mehr zu leugnen. Dennoch verschwand es nach einiger Zeit wieder und konnte sich erst später wirklich durchsetzen. Immer mehr Westbezirke Berlins werden nun nach und nach mit dem Ampelmännchen bestückt. Mit modernster und blendender LED-Leuchtkraft verdrängen die Ampeln mit ostdeutschem Gesicht den genormten Herrn der westdeutschen Vergangenheit. Zu dünn sei er und zu unauffällig. Viel zu wenig Leuchtfläche biete der schmächtige Wessi.

Für Kinder ist das freundliche Ampelmännchen ideal. Und es macht Spaß, es zu befolgen.

Der Ampelmann bei Wikipedia
Für Shopper der Ampelmann-Shop

Hinterlasse einen Kommentar